Lange wurde angenommen, dass die großen Atemwege der Hauptschauplatz des entzündlichen Geschehens beim Asthma bronchiale sind. Es konnte jedoch nachgewiesen werden, dass der entzündungsbedingte Umbau der Atemwege den gesamten Bronchialbaum, also sowohl die großen als auch die kleinen Atemwege, betrifft. Die Entzündung in der gesamten Lunge führt zu einer Obstruktion der Atemwege, woraufhin es zu einer Einschränkung der Lungenfunktion kommt.
Kleine Atemwege bei Asthma bronchiale: Ein Schauplatz der Entzündung
In der Pathophysiologie des Asthmas standen bisher die entzündlichen Prozesse in den großen Atemwegen im Fokus. Untersuchungen belegen jedoch, dass eine Inflammation und strukturelle Veränderungen auch in den peripheren Atemwegen stattfinden. Mittlerweile wird davon ausgegangen, dass bei Asthma sämtliche Bereiche der Lunge – sowohl kleine als auch große Atemwege – von den entzündungsbedingten Veränderungen betroffen sind¹.
Pathophysiologische Veränderungen und Beteiligung von Entzündungszellen
Bei Asthma-Patienten ist eine Reihe von pathologischen Veränderungen in den kleinen Atemwegen nachweisbar. Unter anderem kommt es zu einer Akkumulation von Immunzellen und inflammatorischen Mediatoren; insbesondere Eosinophile sind zahlreicher in den kleinen als in den großen Atemwegen von Asthma-Patienten vorhanden² (Abb.1). Die Infiltration von Entzündungszellen, die Zytokine und Chemokine sezernieren, führt langfristig zu einem strukturellen Umbau mit Verdickung der Alveolar- und Bronchialwände³.
Dieser entzündungsbedingte Umbau (Remodeling), welcher zu einer Verengung der Atemwege (Obstruktion) führt, konnte bei allen Schweregraden des Asthmas nachgewiesen werden. Dieser Umbau findet sowohl in den großen als auch in den kleinen Atemwegen (< 2 mm) statt⁴.
Warum eine Fehlfunktion der kleinen Atemwege für die Asthma-Pathogenese von Relevanz ist, erfahren Sie hier direkt von Frau Prof. Postma als Chair des Steering Committee der ATLANTIS (AssessmenT of smalL Airways involvemeNT In aSthma)-Studie:
Auf Obstruktion folgt Einschränkung der Lungenfunktion
Die Obstruktion spiegelt sich auch in einer Einschränkung der Lungenfunktion wider, z.B. in einem verminderten FEV1-Wert, (forciertes expiratorisches Volumen in einer Sekunde) oder einem reduzierten PEF-Wert (Peak Expiratory Flow). Diese Einschränkungen sind i. d. R. vollständig reversibel und bilden sich spontan oder nach entsprechender medikamentöser Behandlung zurück⁵. Bereits bei Patienten mit leichtem Asthma wurde ein im Vergleich zu Gesunden 7-fach höherer Widerstand der peripheren Atemwege gezeigt, obwohl die Einsekundenkapazität in beiden Gruppen vergleichbar war⁶. Zur Verbesserung von Symptomatik und Prognose der Patienten mit Asthma ist daher eine Therapie, die gezielt auch die kleinen Atemwege adressiert, von Interesse⁷.
Die kleinen Atemwege sind diagnostisch allerdings nur schwer zugänglich. Mit den gängigen klinischen Untersuchungen, wie z.B. Spirometrie und Bodyplethysmografie, lassen sich typischerweise bei Asthma die Entzündung und Atemwegsobstruktion in den größeren Atemwegen nachweisen. Ein Goldstandard zur Diagnostik der kleinen Atemwege wurde bisher noch nicht festgelegt⁸.
ATLANTIS erforscht die kleinen Atemwege
Vor diesem Hintergrund wurde die prospektive Beobachtungsstudie ATLANTIS initiiert⁸. Diese soll mehr Erkenntnisse über die Dysfunktion kleiner und kleinster Atemwege und ihre Bedeutung für den Krankheitsverlauf bei Asthma liefern, sowie zur Entwicklung von Methoden beitragen, mit denen sich die Atemwegsdysfunktion nachweisen lässt8. Weitere Informationen zur Studie erhalten Sie hier.
Asthma bronchiale ist eine chronische heterogene Atemwegserkrankung, die charakterisiert ist durch eine anhaltende Entzündung und eine Hyperreagibilität der Atemwege⁹. Sie gehört weltweit zu den häufigsten Erkrankungen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht von etwa 235 Millionen Betroffenen aus¹⁰. Die Zahl der krankheitsbedingten Todesfälle liegt weltweit bei ca. 250.000/Jahr¹¹. Es werden hauptsächlich zwei Formen des Asthma bronchiale unterschieden: das extrinsische oder allergische Asthma und das intrinsische oder nicht-allergische Asthma (häufig durch Atemwegsinfektionen getriggert). Auch Mischformen aus extrinsischem und intrinsischem Asthma sind möglich¹².
Literatur
- Virchow JC, Pneumologie 2009; 63(Suppl 2): S96–101.
- Hamid Q et al., J Allergy Clin Immunol 1997; 100: 44–51.
- Hamid Q, Tulic MK. Ann Thorac Med 2007; 2: 28–33.
- Bergeron C et al., Can Respir J 2010; 17 (4): e85-e93.
- Martinez FD, Vercelli D., Lancet 2013; 382 (9901): 1360-1372.
- Wagner EM et. al., Am J Respir Crit Care Med 1990; 141 (3): 584-588.
- Usmani OS, Barnes PJ., Ann Med. 2012; 44 (2): 146-156.
- Postma DJ et al., Eur Resp J 2015; 45: 1534–8.
- Global Initiative for Asthma (GINA), Global Strategy for Asthma Management and Prevention 2016; http://ginasthma.org/2016-gina-report-global-strategy-for-asthma-management-and-prevention.
- http://www.who.int/mediacentre/factsheets/fs307/en/.
- https://www.who.int/en/news-room/fact-sheets/detail/asthma
- http://www.lungeninformationsdienst.de/krankheiten/asthma/verbreitung/index.htht.
- https://www.lungeninformationsdienst.de/krankheiten/asthma/verbreitung
- http://www.daab.de/atemwege/was-ist-asthma/.
- https://www.daab.de/atemwege/asthma/asthmawelt/
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