Dass Früh- ebenso wie Neugeborene davon profitieren, wenn die Nabelschnur nicht unmittelbar nach der Geburt durchtrennt wird, sondern so lange intakt bleibt, dass das Blut aus der Plazenta möglichst vollständig zurückfließen kann, wurde auch schon in den vorherigen Leitlinien empfohlen. Diese plazentare Transfusion lässt sich durch sanftes Ausstreichen der Nabelschnur wesentlich beschleunigen. Daher gilt das „Cord Milking“ als Alternative, wenn man die angeratenen 60 Sekunden mit dem Durchtrennen der Nabelschnur nicht warten will oder kann. In den letzten Jahren ist diese Methode jedoch in Verruf geraten, weil es in einer randomisierten Vergleichsstudie vor allem bei sehr unreifen Frühgeborenen zu vermehrten schweren intraventrikulären Blutungen gekommen ist.
Darauf haben die Leitlinien nun reagiert und empfehlen das Cord Milking explizit nur noch dann, wenn ein verzögertes Abnabeln nicht möglich ist und auch nur noch für Frühgeborene, die älter sind als 28 Gestationswochen.
Mit mechanischen Reizen und Coffein den Atemantrieb steigern
Als Atmungsunterstützung für spontan atmende Frühgeborene wird nach wie vor CPAP (continuous positive airway pressure) empfohlen. Nach Expertenkonsens sollte dabei mit einem Druck von mindestens 6 cm H2O begonnen und der inspiratorische Spitzendruck zwischen 20 und 25 cm H2O gewählt werden. Bei Frühgeborenen unter 28 Wochen soll dabei ein Sauerstoffanteil (FiO2) von 0,3 zugemischt werden, während für Frühgeborene mit mindestens 32 Wochen ein FiO2 von 0,21 gerechtfertigt ist.
Um die Spontanatmung der Kinder zu unterstützen, bietet sich die taktile Stimulation an, beispielsweise durch wiederholtes, kräftiges Streichen über den Rücken. Auch die frühe Gabe von Coffein bereits im Kreißsaal könnte hilfreich sein. Allerdings sind hier noch weitere Studien erforderlich, bevor eine explizite Empfehlung formuliert werden kann.
Unterkühlung vermeiden, aber auch Überwärmung
Frühgeborene sind aufgrund ihrer relativ großen Körperoberfläche, der noch unreifen Hautbarriere und der fehlenden Möglichkeiten zur Thermoregulation ganz besonders Hypothermie-gefährdet. Daher bleiben Polyethylenfolie, Mützchen und Wärmestrahler weiterhin die Mittel der Wahl, um zu verhindern, dass sie auskühlen. Bestand diese Empfehlung zuvor lediglich für extrem unreife Frühgeborene unter 28 Gestationswochen, gilt sie nun bereits ab einem Gestationsalter unter 32 Wochen.
Doch übertreiben sollte man es nicht: Kommen Wärmestrahler beispielsweise in Kombination mit beheizten Matratzen zum Einsatz, besteht die Gefahr einer Hyperthermie, die es ebenfalls zu verhindern gilt.
Referenzen:
Sweet DG, Carnielli V, Greisen G, et al. European Consensus Guidelines
on the Management of Respiratory Distress Syndrome – 2019 Update. Neonatology
2019; 115: 432–51.
Sweet DG, Carnielli V, Greisen G, et al. European Consensus Guidelines on the Management of Respiratory Distress Syndrome – 2022 Update. Neonatology 2023; 120(1): 3–23.
Inhalt teilen