ein Mann mit der Hand auf dem Rücken

Cystische Fibrose und Schmerzen – ein unterschätztes Problem

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Cystische Fibrose (CF) ist eine genetische Multiorganerkrankung, die mit einer Vielzahl an Symptomen verbunden ist. Doch dank frühzeitiger Diagnosestellungen und stetig verbesserten Behandlungsmöglichkeiten hat sich die Lebensqualität und Lebenserwartung für Menschen mit CF deutlich gesteigert. Trotzdem gibt es Aspekte der Erkrankung, die noch unzureichend adressiert und behandelt werden oder erst mit fortgeschrittenem Alter an Bedeutung gewinnen. Schmerzen stellen solch ein häufig unterschätztes Problem bei Menschen mit CF dar. So ergab ein systematisches Review eine Prävalenz von 42 % bei Kindern und 77 % bei Erwachsenen¹, einzelne Studien berichteten sogar von Häufigkeiten bis zu 75 % bzw. 89 %.²⁻³

 

Schmerzen können sowohl primär durch die unterschiedlichen Manifestationen der Erkrankung selbst verursacht werden als auch sekundär infolge von diagnostischen oder therapeutischen Maßnahmen auftreten. Bei Kindern sind Schmerzen am häufigsten abdominal lokalisiert, bei Erwachsenen sind der Rücken, der Kopf bzw. Nacken und die Brust am häufigsten betroffen.⁴ Nicht selten treten Schmerzen in mehreren Lokalisationen zugleich auf.⁵ Die Intensität und Frequenz der Schmerzen sind dabei sehr variabel, einen Zusammenhang mit der Schwere der Erkrankung scheint es dabei nicht zu geben.¹

 

Die Auswirkungen von Schmerzen bei Menschen mit CF sind vielschichtig. Eine Beeinträchtigung der Lebensqualität wurde in einer Studie von Sermet-Gaudelus et al. von 50 % der Patient*innen < 18 Jahre und 70 % der Patient*innen ≥ 18 Jahre berichtet. Dabei wurden 28 % der Kinder und 44 % der Erwachsenen in ihrer körperlichen Aktivität eingeschränkt, 27 % der gesamten Studienpopulation berichteten von Einschränkungen auf das Familienleben und 15 % hatten Fehltage in der Schule oder am Arbeitsplatz.⁵ In weiteren Studien zeigte sich eine Assoziation zwischen dem Auftreten von Schmerzen und der gesundheitsbezogenen Lebensqualität sowie Symptomen von Angst und Depression.²⁻⁶ Bei Letzteren handelt es sich wiederum um Risikofaktoren für eine Progression der CF.⁴

 

Neben den Einschränkungen bei Alltagsaktivitäten leiden Patient*innen mit Schmerzen zudem häufiger unter Schlafstörungen.⁷ Darüber hinaus können Schmerzen die CF-Behandlung, z. B. die Physiotherapie zur Reinigung der Atemwege, einschränken und sich negativ auf die Adhärenz der Betroffenen auswirken.²⁻³ Dies könnte dazu beitragen, dass Schmerzen mit einem erhöhten Risiko für pulmonale Exazerbationen und sogar einem erhöhten Mortalitätsrisiko verbunden sind.⁶

 

Trotz dieser erheblichen Auswirkungen bleibt das Thema Schmerzen bei der ärztlichen Konsultation oft zu wenig beachtet. In einer Studie von Festini et al. wendete sich weniger als die Hälfte der Betroffenen mit Schmerzen (43 %) ratsuchend an ihr CF-Behandlungsteam.⁷ Gleichzeitig ist die Messung von Schmerzen herausfordernd, da es sich um ein subjektives Empfinden handelt, das nicht durch objektive Methoden erfasst werden kann. Allgemein akzeptiert und verlässlich sind Schmerzskalen, wie die visuelle Analogskala (VAS), bei der Betroffene ihren Schmerz auf einer Linie zwischen den Punkten „kein Schmerz“ und „schlimmster vorstellbarer Schmerz“ eintragen. Jedoch erfasst diese eindimensionale Skala nicht die unterschiedlichen Schmerzdimensionen.
Umfangreichere Instrumente zur Schmerzbestimmung schließen hingegen Lokalisation, Frequenz und Intensität der Schmerzen sowie physiologische und psychologische bzw. soziale Faktoren mit ein. Jedoch gibt es bislang nur wenige Instrumente zur Bestimmung von Schmerzen speziell bei Menschen mit CF, denen es zudem meist an Validierung und Reliabilitätstests fehlt.⁴ Es besteht daher ein Bedarf an einheitlichen, validierten Testinstrumenten für die Erfassung von Schmerzen bei Personen mit CF, die eine routinemäßige Anwendung in der Praxis erlauben.

 

Für die pharmakologische Behandlung von Schmerzen werden Analgetika wie Acetaminophen, nicht steroidale Antiphlogistika (NSAR), Acetylsalicylsäure, Spasmolytika oder Opioide eingesetzt. In der Studie von Sermet-Gaudelus et al. nahmen 40 % bzw. 50 % der von Schmerzen betroffenen Patient*innen < 18 Jahre bzw. ≥ 18 Jahre freiverkäufliche Analgetika ein, am häufigsten Acetaminophen, während 25 % der Kinder und 10 % der Erwachsenen keinerlei Medikamente gegen die Schmerzen verwendeten.⁵ Eine Umfrage unter CF-Patient*innen, die Opioide einnahmen, ergab ein hohes Maß an Zufriedenheit und Wirksamkeit der Opioidtherapie. Allerdings beschäftigten die Teilnehmenden Themen wie die Angst vor Abhängigkeit und Nebenwirkungen.⁸ Neben Analgetika werden auch nicht pharmakologische Therapien zur Schmerzbehandlung angewendet. Positive Effekte wurden beispielsweise für Yoga und Physiotherapie mit Massage gezeigt.⁹⁻¹⁰

 

Insgesamt fehlen jedoch prospektive Studien zur Wirksamkeit und Sicherheit von Schmerztherapien und damit auch Leitlinien für die Behandlung von Menschen mit CF und Schmerzen. Es ist davon auszugehen, dass ein ganzheitliches Therapiekonzept unter Berücksichtigung der patient*innenindividuellen Situation für ein erfolgreiches Schmerzmanagement erforderlich ist.

 

 

  1. Lee AL, Rawlings S, Bennett KA, et al. Pain and its clinical associations in individuals with cystic fibrosis: a systematic review. Chron Respir Dis 2016;13(2):102-17.
  2.  Blackwell LS, Quittner AL. Daily pain in adolescents with CF: effects on adherence, psychological symptoms, and health-related quality of life. Pediatr Pulmonol 2015;50(3):244-51.
  3.  Kelemen L, Lee AL, Button BM, et al. Pain impacts on quality of life and interferes with treatment in adults with cystic fibrosis. Physiother Res Int 2012;17(3):132-41.
  4.  Trandafir LM, Leon MM, Frasinariu O, et al. Current practices and potential nanotechnology perspectives for pain related to cystic fibrosis. J Clin Med 2019;8(7).
  5.  Sermet-Gaudelus I, De Villartay P, de Dreuzy P, et al. Pain in children and adults with cystic fibrosis: a comparative study. J Pain Symptom Manage 2009;38(2):281-90.
  6. Hayes M, Yaster M, Haythornthwaite JA, et al. Pain is a common problem affecting clinical outcomes in adults with cystic fibrosis. Chest 2011;140(6):1598-603.
  7. Festini F, Ballarin S, Codamo T, et al. Prevalence of pain in adults with cystic fibrosis. J Cyst Fibros 2004;3(1):51-7.
  8. Allgood S, Zemlak JL, Dellon E, et al. Satisfaction and effectiveness of opioid pain management among adults with cystic fibrosis: a mixed methods study. J Cyst Fibros 2022;21(1):e15-e22.
  9. Lee A, Holdsworth M, Holland A, et al. The immediate effect of musculoskeletal physiotherapy techniques and massage on pain and ease of breathing in adults with cystic fibrosis. J Cyst Fibros 2009;8(1):79-81.
  10. McNamara C, Johnson M, Read L, et al. Yoga therapy in children with cystic fibrosis decreases immediate anxiety and joint pain. Evid Based Complementary Altern Med 2016;2016:9429504.

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