Illustration von Blutkörperchen

Aktuelle Entwicklungen bei Toleranzinduktion und Toleranzentwicklung

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Die Induktion einer stabilen Toleranz gegenüber Donor-spezifischen Antigenen wird aktuell sowohl bei Nieren- als auch bei Lebertransplantationspatient*innen in klinischen Studien untersucht. Durch den Einsatz unterschiedlicher Zellprodukte soll ein dauerhafter Verzicht auf eine immunsuppressive Therapie ermöglicht werden. Darüber hinaus werden physiologische Voraussetzungen für die Toleranzentwicklung erforscht.

Toleranzinduktion bei Nierentransplantation (NTx)

Die Toleranzinduktion nach NTx wurde bei Empfänger*innen einer Nieren-Lebendspende untersucht. In verschiedenen Ansätzen wurden der empfangenden Person in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur NTx unterschiedliche Typen von Stammzellen der spendenden Person verabreicht. 

 

Durch die Transplantation von hämatopoetischen Stammzellen (HSC) des Donors konnte eine langfristige Toleranz und ein gutes Behandlungsergebnis bei NTx-Patient*innen erzielt werden.1,2

 

  • Das 15-Jahres-Follow-up einer Phase-II-Studie belegt die Etablierung eines stabilen Spender-Stammzell-Chimärismus und infolgedessen eine anhaltende Toleranz > 10 Jahre nach vollständigem Absetzen der Immunsuppression (IS) bei 11/26 Patient*innen.1 
  • In der darauf aufsetzenden randomisierten, kontrollierten, multizentrischen Phase-III-Studie FREEDOM-1 wurde in einem Studienzentrum ein modifiziertes Regime für die Stammzellmobilisierung und HSC-Konditionierung angewandt und ein erhöhtes Risiko für eine Graft-vs.-Host-Disease (GvHD) festgestellt. Infolgedessen wurde das Konditionierungsprotokoll erneut angepasst. Darüber hinaus vermuten die Forschenden, dass das Vorliegen eines HLA-Mismatches die Wahrscheinlichkeit für eine GvHD erhöhen könnte.2

 

Die Gabe des MDR-101-Zellprodukts aus peripheren CD34+-CD3+-Stammzellen des Donors wurde gut vertragen und erreichte einen gemischten Spender-Stammzell-Chimärismus, der bei 19/20 HLA-28-gematchten-NTx-Patient*innen ein Absetzen der IS innerhalb des ersten Jahres post-NTx ermöglichte. Zum primären Studienendpunkt, 2 Jahre nach Beendigung der IS, lag bei 16/19 Patient*innen weiterhin eine funktionellen Immuntoleranz vor, die einen vollständigen Verzicht auf IS erlaubte. In der Behandlungsgruppe wurden keine Todesfälle, Transplantatverluste oder GvHD, jedoch eine verbesserte Lebensqualität verzeichnet.3

 

Gute Verträglichkeit, jedoch keine zufriedenstellende Toleranzentwicklung zeigte sich dagegen in der monozentrischen, offenen Dosis-Eskalations-Studie TEACH. Hier wurde die Behandlung von HLA-mismatched-NTx-Patient*innen mit mesenchymalen Stammzellen des Donors in Kombination mit Kostimulationsblockade (Belatacept) und mTOR-Inhibition (Sirolimus) über 12 Monate mit nachfolgendem Absetzen der IS getestet.4

Toleranzinduktion nach Lebertransplantation (LTx)

Für die Toleranzinduktion bei LTx-Patient*innen wurden insbesondere der Einsatz regulatorischer T-Zellen (Treg) untersucht. 

 

In der LITTMUS-Studie wurden Patient*innen, deren LTx max. 30 Monate zurücklag, mit autologen Donor-Antigen-spezifischen Treg behandelt. Die aus peripheren mononukleären Zellen hergestellten Treg wurden gut vertragen, führten jedoch nicht zu einer Toleranzentwicklung, die ein langfristiges Absetzen der IS erlaubte.5

 

In der einarmigen, offenen, internationalen Phase-I/II-Studie LIBERATE konnte die Sicherheit und Verträglichkeit autologer HLA-A2-spezifischer CAR-Treg bei Patient*innen mit HLA-A2-mismatch-LTx nachgewiesen werden. Als nächstes soll die Wirksamkeit dieser Behandlung untersucht werden, mit der Intention ein vollständiges Absetzen der IS zu ermöglichen.6 

Toleranzentwicklung, Transplantatüberleben und das Darm-Mikrobiom

Die Zusammenhänge zwischen dem Darm-Mikrobiom und einem Toleranz-fördernden Milieu wurden in einer Längsschnittstudie mit 92 Transplantatempfänger*innen und 23 Spender*innen untersucht, von denen vor und bis zu 12 Monate nach einer NTx Urin-, Stuhl- und Blutproben genommen wurden.

 

Patient*innen, bei denen im Untersuchungszeitraum mittels Biopsie eine akute Abstoßungsreaktion (acute rejection, AR) diagnostiziert wurde, wiesen mit höherer Wahrscheinlichkeit vor der Transplantation eine erhöhte Darmdurchlässigkeit und eine geringere Verfügbarkeit von mikrobiellen, immunmodulatorischen Metaboliten, wie kurzkettigen Fettsäuren und Indolderivaten, auf. Damit assoziiert ist eine Reduktion von IL-10+ regulatorischen B-Zellen (Breg), was Patient*innen für eine AR prädisponiert.7

Referenzen

  1. Leventhal JR et al. Fifteen Year Follow-Up of a Phase 2 Clinical Trial to Induce Tolerance in Living Donor Renal Transplant Recipients. ATC 2024; 01.06.–05.06.2024; PHILADELPHIA, PA, USA; Plenary Oral Abstract 244. 
  2. Leventhal JR et al. Single Center Experience with the FREEDOM 1 Trial (NCT03995901), a Randomized Controlled Study to Evaluate the Safety, Efficacy, and Overall Benefit of FCR001 Cell Therapy in De Novo Living Donor Renal Transplantation. ATC 2024; 01.06.–05.06.2024; PHILADELPHIA, PA, USA; Poster Abstract B037. 
  3. Kaufman DB et al. MDR-101-MLK- Operational Immune Tolerance Achieved in Living Related HLA-Matched Kidney Transplant Recipients. ATC 2024; 01.06.–05.06.2024; PHILADELPHIA, PA, USA; Rapid Fire Oral Abstract 627. 
  4. Kirk AD et al. Mesenchymal Stromal Cells, Alemtuzumab, and Co-Stimulation Blockade: Results of TEACH (ITN062ST), a Prospective Clinical Trial. ATC 2024; 01.06.–05.06.2024; PHILADELPHIA, PA, USA; Poster Abstract B033. 
  5. Markmann JF et al. Donor Antigen-Reactive Tregs for Tolerance Induction in Liver Transplantation: Early Results of LITTMUS (ITN073ST), a Prospective Clinical Trial. ATC 2024; 01.06.–05.06.2024; PHILADELPHIA, PA, USA; Rapid Fire Oral Abstract 1011. 
  6. Sanches-Fueyo A et al. Altered Intestinal Barrier and Immunoregulatory Gut-Derived Metabolites Contribute to Acute Rejection in Renal Transplantation. ATC 2024; 01.06.–05.06.2024; PHILADELPHIA, PA, USA; Rapid Fire Oral Abstract 1013. 
  7. Yuen Chang F et al. ATC 2024; 01.06.–05.06.2024; PHILADELPHIA, PA, USA; Plenary Oral Abstract 547. 

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