E-Zigaretten und Shishas im Check: Was ist dran an den Alternativen zu Tabakzigaretten?
Die Zahl der Raucher*innen in Deutschland ist seit 2016 von 28 % auf 34 % in 2024 gestiegen.1 Die Meisten, Männer wie Frauen, fangen etwa mit 17 Jahren mit dem Rauchen an.2 Daher ist der Anstieg der Raucher*innen unter den Jugendlichen und jungen Erwachsenen besonders alarmierend: Unter den 14- bis 17-jährigen rauchte 2022 schon jede*r 6te – fast eine Verdopplung gegenüber 2021.1 Bei den 18- und 24-jährigen rauchte 2022 fast jede*r 2te. – ein neuer Höchsttand seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2016.1
Über 2/3 der Jugendlichen werden nach dem anfänglichen Ausprobieren von Zigaretten zu regelmäßigen Raucher*innen.3 Mit Ihrer Aromenvielfalt, die gerade auf Kinder und Jugendliche abzielt,4 scheinen E-Zigaretten, (E-)Shishas und Co. die Hemmschwelle für dieses Ausprobieren senken zu können. Vapen scheint einfach cool zu sein.
- Die Zahl der jugendlichen Raucher*innen in Deutschland steigt.
- E-Zigaretten, (E-)Shishas und Co. bestechen mit ihrer Aromenvielfalt – leider kann so auch Kindern und Jugendlichen der Raucheinstieg erleichtert werden.
- E-Zigarettennutzer*innen greifen dreimal öfter auch zu Tabakzigaretten. Aktuell sind ca. 60 % der Jugendlichen und 80 % der Erwachsenen Dual-User.
- Die Tabakindustrie trägt maßgeblich zum Glauben über die „gesünderen“ Alternativen bei. Die „reinigende Kraft“ der Wasserpfeifen ist ebenfalls ein Mythos.
- E-Zigaretten und (E-)Shishas bergen aber auch erhebliche Gesundheitsrisiken, deren Ausmaße teilweise nur noch nicht abschätzbar sind, da Langzeitstudien fehlen.
- Praxistipps für Ärzt*innen: Sie können das Gespräch aktiv suchen und Jugendliche auf die Risiken dieser Produkte hinweisen. Aber Achtung: Vapen und Shishakonsum wird von Jugendlichen häufig nicht als Rauchen wahrgenommen!
Vapen schmeckt und macht Spaß – E-Zigaretten erleichtern den Raucheinstieg
Die Beliebtheit von E-Zigaretten und verwandten Produkten steigt. 2022/2023 vapete schon mehr als jede*r 9te der 14- bis 17-jährigen und unter den Kindern zwischen 9 und 13 Jahren schon etwa jede*r 30te.5 Laut einer repräsentativen Umfrage nutzen Jugendliche diese Produkte hauptsächlich aus Spaß, wegen besagter Aromenvielfalt und in dem Glauben, dass sie weniger schädlich seien als herkömmliche Tabakzigaretten.6
Konsument*innen von E-Zigaretten greifen aber auch dreimal öfter zu Tabakzigaretten und werden damit zu sogenannten Dual-Usern.7 Einer DEBRA-Studie zufolge trifft das auf über 60 % der Jugendlichen und knapp 80 % der Erwachsenen zu.5
Für das leckere Aroma und die vermeintlich geringere Schädlichkeit sind auch Shishas (Wasserpfeifen) bekannt. Shishas sind vor allem bei Jugendlichen beliebt.8 Weit mehr als zwei Drittel der aktuellen Wasserpfeifenrauchenden haben im Alter von 14 bis 25 Jahren mit dem Konsum begonnen. 8
Naja, E-Zigaretten und (E-)Shishas sind ja nicht so schlimm… – Ähm, DOCH!
Dieser Glaube hält sich hartnäckig. Zum jetzigen Zeitpunkt scheint aber festzustehen, dass die Aerosole von E-Zigaretten und (E-)Shishas relevante Gesundheitsrisiken bergen, deren Ausmaß teilweise bisher nur noch nicht abschätzbar ist, da Langzeitstudien fehlen.10 Klar ist in jedem Fall, dass das Nikotin in den alternativen Zigarettenprodukten ebenfalls stark abhängig macht und das übliche gesundheitsschädliche Potential mitbringt.11 Bei Kindern und Jugendlichen kann der Konsum von E-Zigaretten außerdem negative Auswirkungen auf die Gehirnentwicklung haben.4
Das E-Zigaretten-Märchen der Tabakindustrie
Und wenn Sie nicht gestorben sind, dann vapen sie noch heute…
Der Glaube an ein geringeres Schadpotenzial von E-Zigaretten und E-Shishas wird durch Studien und Werbung der Tabakindustrie und anderen Interessengruppen von E-Zigaretten und Co. geprägt. Ein bedeutender Anteil der vorhandenen Studien zum Umstieg von Tabak- auf E-Zigaretten wurde von eben diesen Interessengruppen in Auftrag gegeben oder gesponsort.7 Interessenkonflikte können hierbei nicht ausgeschlossen werden.
In den Liquids sind diverse krebserzeugende Stoffe wie Formaldehyd und Acetaldehyd sowie giftige Metalle wie Blei, Chrom, Nickel und Cadmium enthalten.7,10 Toxikologische Daten, Tier- und Zellversuche legen bereits nahe, dass regelmäßiger E-Zigarettengebrauch tatsächlich das Krebsrisiko erhöht12-14. Grundsätzlich birgt das Inhalieren von entzündungsfördernden, toxischen Substanzen das Risiko für dauerhafte Schäden an den Bronchien und am Lungengewebe.15 Auch die über 16.000 im Handel befindlichen Aromen, die diese Produkte so attraktiv machen, sind bislang als Lebensmittel zugelassen und die Aufnahme über den Magen-Darm-Trakt als unbedenklich eingestuft. Über die Auswirkungen bei inhalativer Aufnahme gibt es bisher keine Daten.11 Es stimmt zwar, das E-Zigaretten und Tabakerhitzer im Vergleich zu klassischen Tabakzigaretten ein geringeres Krebsrisiko haben.12 Gleichzeitig scheinen E-Zigaretten aber auch in einer höheren Frequenz konsumiert zu werden.16
Vom Mythos über die reinigende Kraft der Wasserpfeifen
Mehr als ein Mythos ist es nämlich nicht. Der Rauch durchquert das Wasser in Shishas vor der Inhalation in Blasen, deren Oberflächenspannung einen Kontakt mit dem Wasser verhindern.17 Das kühlt den Rauch für eine angenehmere Inhalation.17 Eine „Reinigung“ des Rauchs kann allerdings nicht stattfinden.17 Beim Shishakonsum kommt es also zur Aufnahme von großen Mengen an Kohlenmonoxid, Teer und Schwermetallen.8 Diese Stoffe sind in hohen Konzentrationen krebserregend und können zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Lungenschäden und einer erhöhten Infektionsanfälligkeit führen.8 Zudem enthält der Rauch oft aromatisierte Tabakprodukte, die ebenfalls gesundheitsschädliche Substanzen freisetzen.8
Im Vergleich zu einer Tabakzigarette wird bei einer Shisha-Session genauso viel bis mehr Nikotin konsumiert.18 Bezogen auf das Rauchvolumen entspricht eine Shisha-Session sogar dem Äquivalent von 100 Tabakzigaretten.18 Die enthaltenen Schadstoffmenge ist im Shisharauch ebenfalls um ein Vielfaches höher als im Zigarettenrauch.8
Das können Sie tun: Praxistipps für Ärzt*innen
Ein verstärktes Bewusstsein über die Gefahren von E-Zigaretten und Shishas, insbesondere für Jugendliche, ist essentiell. Eine verständnisvolle Beratung auf Augenhöhe kann dazu beitragen, Jugendliche zu erreichen und die Gesundheitsrisiken durch Vapen und Rauchen zu reduzieren. Sprechen Sie Ihre Patient*innen gerne proaktiv zu diesem Thema an.
- Vapen und Shishakomsum werden v.a. bei Jugendlichen oft nicht als „klassisches“ Rauchen angesehen. Fragen Sie bei Ihren jungen Patient*innen daher nicht nur nach dem Rauchverhalten. Erkundigen Sie sich auch nach der Nutzung von E-Zigaretten, Tabakerhitzern, Shishas und Co. Klären Sie Ihre Patient*innen entsprechend über die Gefahren und das Suchtpotential auf!
- Die Anwesenheit von Eltern kann minderjährige Patient*innen in ihrem Antwortverhalten beeinflussen.
Referenzen
- DEBRA-Studie. Bundesministerium für Gesundheit. https://www.debra-study.info/ (Zuletzt aufgerufen 12.09.2024)
- Zeiher J et al. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz 2018;61:1365-1376
- Birge M et al. Nicotine Tob Res 2018;20:1427-1433
- Goldenson NI et al. Curr Addict Rep. 2019;6(2):98-113.
- Rupp A et al. Pneumologie 2024; 78(05): 320-324.
- Kotz D, Kastaun S. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz 2018; 61: 1407-1414.
- E-Zigaretten und Tabakerhitzer – ein Überblick. Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) 2020.
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